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Kosmisch inspiriert: Supermagnet ohne Seltene Erden entwickelt

Materialforscher der ÖAW haben mit Kollegen von der britischen Cambridge Universität eine Möglichkeit gefunden, das bisher nur aus Meteoriten bekannte Mineral Tetrataenit im Labor herzustellen. Mit dem Material könnten jene enorm starken Magnete, die zum Beispiel in Elektroautos oder Windturbinen zum Einsatz kommen, ohne Einsatz von Seltenen Erden realisiert werden. Dadurch ließen sich Umweltzerstörung und Ressourcenabhängigkeiten reduzieren.

Verschmelzen der Legierung mit der magnetischen Tetrataenit-Phase. © Klaus Pichler/ÖAW

Verschmelzen der Legierung mit der magnetischen Tetrataenit-Phase. © Klaus Pichler/ÖAW

Tetrataenit ist ein aus Eisen und Nickel bestehendes Mineral mit spezieller, tetragonaler Struktur, das erstmals in Eisenmeteoriten nachgewiesen wurde. Die Struktur von Tetrataenit entsteht normalerweise nur, wenn ein Eisen-Nickel-Gemisch nach seiner Entstehung extrem langsam abkühlt, mit einer Geschwindigkeit von weniger als 0,01 Grad Celsius pro Jahr”, erklärt Baran Sarac vom Erich-Schmid-Institut für Materialwissenschaft der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Leoben.

Sarac und seine Kollegen haben es jetzt geschafft, Tetrataenit durch die Zugabe von kleinen Mengen an Phosphor und Kohlenstoff zu einer Schmelze aus Eisen und Nickel im Labor zu erzeugen. Die magnetische Prüfung des Materials haben dann Kollegen von der Universität Cambridge übernommen, mit denen die Arbeit kürzlich auch im Fachjournal “Advanced Science” veröffentlicht wurde.

Revolution für Elektromotoren und Windturbinen

“Wir konnten die Entstehung von Tetrataenit im Vergleich zum Prozess, der in Meteoriten abläuft, um 11 bis 15 Größenordnungen beschleunigen. In einem Vakuum haben wir 1 bis 3 Millimeter lange Zylinder gegossen, die in wenigen Millisekunden auskühlen”, sagt Sarac. Das Besondere an Tetrataenit sind seine strukturbedingten magnetischen Eigenschaften. Das Mineral ist ein starker Permanentmagnet, dessen Energieprodukt ähnliche Werte erreicht wie Legierungen mit Seltenen Erden.

Für Anwendungen, die starke Magnete auf engem Raum benötigen, wie Elektromotoren und Windturbinen, sind Neodym und andere Seltene Erden derzeit konkurrenzlos. Das ist problematisch, weil der Abbau der entsprechenden Erze mit enormem Aufwand und großen Umweltbelastungen verbunden ist. Der Markt für die Materialien wird zudem fast ausschließlich von China bedient, wodurch längerfristig die Versorgungssicherheit gefährdet sein könnte. Tetrataenit kann mit der neuen Methode nun schnell, kostengünstig und mit überschaubarem Aufwand hergestellt werden und könnte so ein künftiger Treiber für die Elektrifizierung des Verkehrs und den Ausbau von Windkraftanlagen werden.

Neue Technik zum Patent angemeldet

“Der einfache Herstellungsprozess könnte es uns erlauben, in relativ kurzer Zeit eine Produktion im industriellen Maßstab zu erreichen. Das wäre natürlich für die Produktion von leistungsstarken Magneten, die ohne Seltene Erden auskommen, interessant. Wir sind bereits in Kontakt mit Start-ups und großen Unternehmen, die Interesse an unserer Methode haben”, sagt Sarac. Das Team in Leoben hat die neue Technik in Zusammenarbeit mit der Universität Cambridge und der ÖAW zum Patent angemeldet.

Publikation:

„Direct Formation of Hard-Magnetic Tetrataenite in Bulk Alloy Castings“, Yurii P. Ivanov, Baran Sarac, Sergey V. Ketov, Jürgen Eckert, A. Lindsay Greer, Advanced Science, 2022
DOI: https://doi.org/10.1002/advs.202204315

Link zum ÖAW: https://www.oeaw.ac.at/news/kosmisch-inspiriert-supermagnet-ohne-seltene-erden-entwickelt-1

Weitere Informationen

Dr. Baran Sarac
Erich Schmid Institut für Materialwissenschaften
E-Mail: baran.sarac@oeaw.ac.at
Tel.: 03842 804 101

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